Ein klarer kalter Morgen
Ein klarer kalter Morgen,
die Nase rot, wässrig, den Hals im Kragen vergraben, abwechselnd heißer Rauch
und beisend kalte Luft,
die Füße eiskalt, Stille, die Stadt schläft noch - zufrieden - wie ich auch in diesem Moment.
Da ist wieder dieser Flashback an Gerüchen,
Braunkohle, ein Bild in den kalten Straßen von Berlin taucht auf, im
Osten der
Stadt, die Kälte war verzaubert, wir trugen schwarz, grau, Wollmützen,
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Mäntel, rauchten und hatten
nur wenige warme Stellen.
Glück ist ein voller Bauch.
Ich sehe meinen Atem verschwinden und muss an meinen Freund denken. Wir fuhren gestern Nacht los, um eine
Theateraufführung zu besuchen. Das Theater, vermuteten wir, lag am südlichen Ende der Stadt an den Hügeln, den
Namen
kannten wir nicht.
Wir nahmen die Tram den Berg hinauf, saßen uns gegenüber und
warfen nervöse Blicke durch die Scheiben in das
Dunkle und dahinter auf die
Lichter der Stadt.
Ein
Mann stieg ein, legte sich quer zwischen uns und begann zu lachen. Mein Freund wurde ärgerlich und stieß ihn
weg.
Wir stiegen an der nächsten Haltestelle aus und sahen uns in den dunklen,
spärlich grün beleuchteten Gassen
der Oberstadt um. Das Theater hatte keinen
Namen, wir fanden es in einer Gasse die ins Tal führte, Leute gingen
hinein,
sein Eingang war ein Halbrund aus steinernen Sandsteinsäulen , Plakate hingen
an den Fenstern.
Im Eingangsbereich begannen die Vorhänge, alle
aus schwarzem Samt, sie berührten und formten sich, liefen im
rechten oder
anderen Winkeln aufeinander zu. Es war dunkel. Eine Bühne konnten wir nicht
sehen, so trennten wir
uns.
Das Theater teilte sich, ich meine nachdem ich den letzten
Vorhang durchschritten hatte, kam ich in den
Zuschauerraum, ein nach unten
abfallender Halbkreis mit roten Sitzreihen , in der Mitte eine Treppe nach
unten.
Hier herrschte ein großes Kommen und Gehen, Aufstehen und Unterhalten.
Ich nahm in einer der ersten Reihen platz,
der schwarze Vorhang zur Bühne war
geschlossen und das Theater fing an sich zu teilen, ich stand auf und sprang
auf eine Holztreppe, die gerade aus dem Boden erschien und schräg nach oben hin
wuchs. Sie führte mich über der
Bühne zwischen zwei Räumen hindurch, in denen
Filme gezeigt wurden, so klang es jedenfalls. Ich sprang ab und lief
über
Treppen hinunter, rannte nach draußen und die Gasse hinab in die Stadt. Morgen
muss ich meinen Freund
anrufen dachte ich.
Unten im Tal kam ich an eine große Straßenkreuzung. Es war still.
Nur die Lichter der Ampeln bewegten sich. Ich
wollte gerade eine Straße überqueren,
als ich diesen Zettel an einem Mast sah:
hast du ein gedicht von dem du wolltest es wär von dir?
ich wollt das wär von mir....
Sieben Leben
Sieben Leben möcht ich haben:
Eins dem Geiste ganz ergeben,
So dem Zeichen, so der Schrift.
Eins den Wäldern, den Gestirnen
Angelobt, dem großen Schweigen.
Nackt am Meer zu liegen eines,
Jetzt im weißen Schaum der Wellen,
Jetzt im Sand, im Dünengrase.
Eins für Mozart, für die milden,
Für die wilden Spiele eines.
Und für alles Erdenherzleid
Eins ganz, und ich habe -
Sieben Leben möcht ich haben! -
Hab ein einzig Leben nur.
Albrecht Goes
Ich
schlief unruhig.
Und
träumte.
Ein
Weltraumball krachte durch mein berstendes Fenster.
Wild
zerfuhr, was ich sortiert und behandelt hatte. Fauchend
sprang und klatschte er schräg oben durch den Raum.
Um ihn zu bremsen wandt ich meinen Arm, der länger wurde,
um ihn zu packen
wuchs meine Hand und fasste ihn,
aber er brannte nicht.
Drehen quetschen, aber
ich spürte nichts. Die Gardinen wellten sich weiss im milden Wind der
herein
strich, ich konnte ihn riechen.
Die
Decke, das Kissen, das Haar, es funktionierte wieder und ordnete sich.
Alles
wird sich ergeben dachte ich und legte mich aufs Bett.
Kaum
waren meine Augen geschlossen, glitt stillstehend ein Präsident durch die Türe
herein, steif und unbeweglich,
faltig lächelnd mit hohem Hut. Ich bat ihn sich
an den Tisch zu setzen. Er umschloss eine Tasse Tee mit seinen Händen,
senkte
den Blick und begann zu husten.
Ich schloss das Fenster umkreiste den Tisch,
aber er beachtete mich nicht
weiter. So setzte ich mich ihm gegenüber und
suchte seinen Blick. Die Zeit verstrich und die Wände begannen sich
Lila zu
färben. Wir rührten uns nicht. Ich schüttelte und drehte mich und suchte die
Körper zu ordnen. Der Tisch
dehnte sich nach oben in den Raum.
Dann brach ihr
Gesicht hervor, wie es sich die Zeit in allem verborgen hielt. Mein Magen
verkrampfte und ich lief
hinaus aus dem Zimmer, die Treppe hinunter durch den
Hafen zu den Backsteinhäusern, lief durch die öden Wiesen,
Häuser und deren
Höfe, vorbei an den Menschen, die ihr vertraut waren, setzte mich zu ihnen an
die Biertische,
redete und lief erneut und wartete mit Ihnen, aber sie kam
nicht. Sie schoben sich an mir vorbei, blickten mich an und
lächelten und als
wir eng aneinander standen erschien am Himmel ein Stück Erde auf dem ein
Häuschen umgeben
von Palmen stand und vor sich ein kleines Schwimmbad barg. Ein
Mann mähte den Rasen und die Erdinsel begann
sich zu neigen, die Palmen
schüttelten sich und jemand sprang in den Pool, das Wasser schwabbte,
erhob
sich, stieg
auf und krachte auf uns hernieder. Wir begriffen nicht, als sich
hinter uns ein alter Mann wissend zeigte und sprach:
es ist logisch und
funktioniert, seht her!
Und er schwieg, die Welt verschwand und
alles erschien gezeichnet bunt und
platt auf Papier.