Parkatyp
Ein
Parkatyp steht da, am Eck, in meiner Straße.
In
meinem Kopf quillt noch immer die letzte Nacht. Ein Präsident, Schwachsinn, das konnte doch nur Nixon sein,
Washington. Watergate
hab ich nie kapiert. "Junge!" Der
Parkatyp fixiert mich. Ich sehe seinen Atem, wie er sich
einen halben Meter vor
mir verflüchtigt, Gott sei Dank.
Er
scheint nicht im Bett gewesen zu sein. "Gib mir mal ne Kippe". Ich
krame und reiche ihm eine. "Hast du Abitur?" Er
erinnert
mich an Renate. Renate verlor den Verstand, wenn es Winter wurde in Berlin.
Er war Handwerker. Ich
traf
ihn ab und an bei seinen besten Freunden. Eines Abends brachte er Seile mit
und vertaute deren Wohnungstüre
mit
dem Treppenhausgeländer, der benachbarten und gegenüberliegenden Wohnungstüre.
Mit schwerem Seil. Dann
ging
er. Danach wurde er wieder eingewiesen.
Parkatyp hebt sanft sinnstiftend seine Stimme:
'Aminosäuren,
Junge. Das Leben kommt von oben. Dann stimmt das wieder, du wirst sehen.'
Der
Zauber berauschter Worte hat sich mir lange Zeit nicht mehr gezeigt. Er
macht mich wieder neugierig darauf.
'Was
meinst du?' frage ich respektvoll. Er bläst Rauch aus, 'sie sagen als sich
die Welt ordnete, die Sonne sich
entzündete,
die heisse Glut die Planeten schuf, da wurden die rechtsdrehenden Aminosäuren da
draussen
nahezu
ausgelöscht, durch
die UV-Strahlung, meine ich. Die Glut auf den Planeten tat ihr übriges um auch die
linksdrehenden
auf
ihnen zu erledigen, aber
sie überlebten die Zerstörung, weit draussen im All und ritten, als sich die
Schöpfung
beruhigt hatte, auf Steinbrocken heran
und regeneten auf die Erde, verstehst du? Sie haben hier fast nur linksdrehende
Aminosäuren gefunden, so ziehmlich
alles
organische besteht aus ihnen, die Proteine, Zellen.
Er hat sie geschickt.' Ich
nicke
leicht.'Weisst du, ich bin kein Spinner aber man legt sich so die Dinge zurecht,
oder nicht? Ich meine schau, wir
sterben
ja früher oder später und wenn das so weit ist, muss ich ein Bild zusammen haben,
verstehst du?' 'Ja.' Er steckt
sich
die Zigarette in den Mundwinkel, greift in seine Cordhose und kramt ein zerknülltes Papier
hervor. 'Nimm.'
Er zieht die Kapuze seines Parkas über den Kopf und biegt in die
Seitenstraße ab
katharsis.
mein freund. ich lief alleine durch die weinberge hinter unseren häusern. ein
milder frühsommertag.
zwischen
den reben regte sich eine maschine, ein laufband, knapp über dem boden,
von meiner position kaum
sichtbar,
es surrte mit irrsinniger geschwindigkeit, kreisförmig in
gehörigem abstand um mich
herum. an diesem
band befestigt war ein seil an dessen ende ein roter drachen
dem laufband folgend durch
die luft surrte, an
ihm hingen zwei gestalten, zum vergnügen, eine attraktion,
zischend flogen sie mit rasender
geschwindigkeit im
kreis um mich durch den himmel. ein schatten glitt von
oben auf die szene herab, ein fallschirm, daran ein mensch,
der in die flugbahn des
drachen sank, den drachen zeriss. das spektakel zerstob,
zerbarst und die leiber flogen
durch die luft, ich eilte zu dem mir nächst liegenden,
rief leute herbei, um
hilfe zu holen. wir brachten ihn in ein
kleines häuschen am rand des rebenwaldes,
dort wurde er aufgebart. sein
becken schien zertrümmert, knochen
bewegten sich wild unter seiner haut, er
atmete schwer, ein junge, vielleicht
20 jahre, blond, unscheibar, er hob
den brustkorb, sein kopf glitt nach hinten,
er blickte mich an, ich sagte
'halte durch, du schaffst es', er zischte
belustigt und sein
kopf fing an zu schrumpfen, er
wurde immer kleiner bis er die größe eines apfels hatte, seine
augen weiteten
sich noch einmal und ein leises zischen
verlies seinen mund. dann begann ich zu weinen.
30 jahre lang.